Können Quantencomputer sämtliche Kryptographie knacken?

Beitrag teilen

Quantencomputer sind in der Lage, die heutzutage meist verwendeten Public-Key-Verfahren vollständig und unumkehrbar zu brechen. Post-Quanten-Kryptographie kann dies verhindern. Aber wie sicher sind die neuen Verfahren und was ist bei ihrer Implementierung zu beachten?

Was vor einigen Jahren noch nach Science-Fiction klang, ist mittlerweile in greifbare Nähe gerückt: Quantencomputer, die mit einer bisher ungekannten Rechenleistung die heutige Kryptographie – und damit die gesamte digitale Infrastruktur – gefährden.

Anzeige

Quantencomputer: Die Gefahr, die aus der Zukunft kommt

Zwar werden bis zu einem flächendeckenden Einsatz wohl noch einige Jahre vergehen, dennoch gilt es für Unternehmen, sich sicherheitstechnisch bereits jetzt auf das Quantenzeitalter vorzubereiten. Mithilfe von Quantencomputer-resistenten Verschlüsselungsverfahren ist es heute schon möglich, die Vertraulichkeit und den Schutz von Informationen auch langfristig zu gewährleisten. Die sogenannte Post-Quanten-Kryptographie greift hierfür auf kryptographische Methoden zurück, die sowohl sicher gegenüber Angriffen mit Quantencomputern als auch gegenüber klassischen Angriffen sind.

Post-Quanten-Algorithmen als neue Verschlüsselung

2016 initiierte das US-amerikanische National Institute of Standards and Technology (NIST) einen Standardisierungsprozess, dessen Ziel es ist, mehrere Post-Quanten-Algorithmen für den Schlüsselaustausch und die digitale Signatur zu prüfen und zu standardisieren. Sieben Finalisten zogen dabei im vergangenen Jahr in die dritte und letzte Runde des Prozesses ein. Darunter unter anderem auch CRYSTALS-Kyber, ein gitterbasierter Algorithmus, der sich für die Verschlüsselung von Informationen die Komplexität von Gittern und damit ein schwieriges mathematisches Problem zu Nutze macht. Aber wie sicher ist dieser potenzielle Post-Quanten-Standard wirklich? Diese Frage haben sich IT-Sicherheitsexpert:innen der TÜV Informationstechnik GmbH (TÜViT) gestellt und CRYSTALS-Kyber genauer unter die Lupe – bzw. das Oszilloskop – genommen.

Post-Quanten-Sicherheit am Beispiel CRYSTALS-Kyber

Das Projekt-Team, bestehend aus Hauke Malte Steffen, Lucie Johanna Kogelheide und Timo Bartkewitz, untersuchte dabei einen Chip, auf dem der Post-Quanten-Algorithmus, wie vom Entwickler vorgesehen, implementiert wurde. Für die Prüfung des Chips legten sie zugrunde, was aus der klassischen Kryptographie bereits bekannt ist: Die Tatsache, dass aktuelle kryptographische Verfahren durch die Ausnutzung von Seitenkanälen angegriffen werden können.

„Im Fokus stand die Frage, ob wir trotz quantensicherer Verschlüsselung auf die eigentlich vertraulichen Daten des Chips zugreifen können“, erklärt Hauke Malte Steffen, Werkstudent der Abteilung Hardware Evaluation bei TÜViT. „Dazu haben wir in unserem Hardwarelabor den Strom gemessen, den der Chip während der Nachrichtenverschlüsselung verbraucht. Hintergrund ist, dass unterschiedliche Operationen auch zu einem unterschiedlichen Stromverbrauch führen, durch den wir wiederum Rückschlüsse auf die verschlüsselten Daten ziehen können.“ Mit Erfolg: Denn den IT-Sicherheitsexpert:innen gelang es, die Referenzimplementierung von CRYSTALS-Kyber anzugreifen und die Daten entsprechend auszulesen.

In einem nächsten Schritt überlegte sich das Projekt-Team deshalb, wie der gitterbasierte Algorithmus sicher implementiert werden kann. In diesem Rahmen entwickelten sie vier verschiedene Implementierungen mit einem jeweils komplexeren Grad an Gegenmaßnahmen. Darunter beispielsweise das Erstellen eines Dummys oder die Randomisierung von Bits. Das Ergebnis: Bereits die erste Stufe reduzierte die Wahrscheinlichkeit eines erfolgreichen Angriffs erheblich, die vierte Implementierung verhinderte diesen gänzlich.

Mehr bei TUVit.de

 


Über TÜV Informationstechnik

Die TÜV Informationstechnik GmbH ist auf die Prüfung und Zertifizierung der Sicherheit in der Informationstechnik ausgerichtet. Als unabhängiger Prüfdienstleister für IT-Sicherheit ist die TÜV Informationstechnik GmbH international führend. Zahlreiche Kunden profitieren bereits von der geprüften Sicherheit des Unternehmens. Zum Portfolio gehören Cyber Security, Evaluierung von Software und Hardware, IoT/Industrie 4.0, Datenschutz, ISMS, Smart Energy, Mobile Security, Automotive Security, eID und Vertrauensdienste sowie die Prüfung und Zertifizierung von Rechenzentren hinsichtlich ihrer physischen Sicherheit und Hochverfügbarkeit.


 

Passende Artikel zum Thema

Report: Vertrauenswürdige Windows Anwendungen missbraucht

In seinem neuen Active Adversary Report 2024 belegt Sophos den Wolf im Schafspelz: Cyberkriminelle setzten vermehrt auf vertrauenswürdige Windows-Anwendungen für ➡ Weiterlesen

XDR: Schutz von Daten in Atlassian-Cloud-Applikationen

Mit einer neuen XDR-Erweiterung kann Bitdefender nun auch Daten in Atlassian-Cloud-Applikationen schützen. Somit ist das Überwachen, Erkennen und eine Reaktion auf ➡ Weiterlesen

Ausblick 2025: Lösungen für veränderte Angriffsflächen durch KI, IoT & Co

Die Angriffsfläche von Unternehmen wird sich im Jahr 2025 unweigerlich weiter vergrößern. Die datengetriebene Beschleunigung, einschließlich der zunehmenden Integration von ➡ Weiterlesen

Cloud Rewind für Wiederaufbau nach einer Cyberattacke

Eine neue Lösung für Cyber Recovery und zum Rebuild cloudzentrierter IT-Infrastrukturen. Commvault Cloud Rewind mit neuen Funktionen zum Auffinden von ➡ Weiterlesen

Medusa-Ransomware-Gruppe betreibt offenen Opfer-Blog im Web

Auch Cyberkriminelle pflegen neben der direkten Kommunikation mit dem Opfer ihre Außendarstellung. Denn Reputation ist ein wichtiger Erfolgsfaktor für Ransomware-as-a-Service-Unternehmen. Der ➡ Weiterlesen

Lokale Backups: Rückkehr zum sicheren Hafen

Warum Unternehmen lokale Backup-Strategien wiederentdecken: In den letzten Jahren haben sich Unternehmen zunehmend in die Abhängigkeit von Cloud-Lösungen manövriert - ➡ Weiterlesen

Gefährliche Lücken: Studie zu ICS und OT Cybersecurity

Das SANS Institute hat die Ergebnisse seiner Studie 2024 State of ICS/OT Cybersecurity veröffentlicht. Sie zeigt erhebliche Fortschritte bei der ➡ Weiterlesen

Gemeinsamkeiten und Unterschiede von PIM und PAM

Nicht selten werden die Aufgaben und Ziele der beiden Prinzipien PIM und PAM für die sichere Identifikationen und deren Verwaltung ➡ Weiterlesen