Angriffe auf die Lieferkette – die Supply Chain – für Software (und für Hardware) von IT bedrohen auch kleine und mittlere Unternehmen. Updates für Dienste und Software stellen eine immer gefährlichere Schwachstelle dar, zumal Cyber-Kriminelle sich vom Kapern eines Updates ein Streuen der Angriffe auf zahlreiche Opfer versprechen.
Kleine und mittlere Unternehmen sollten nicht nur ihre Cyber-Abwehr aktualisieren, sondern ebenso ihre Lieferketten für den Bezug von Software, Hardware und Updates überprüfen.
Attacken auf die Lieferkette sind leider oft effektiv
Eine Attacke auf die IT-Supply Chain verfolgt das Ziel, den Produktionsprozess einer Drittanbieter-Software von der Entwicklung bis zum Updaten zu manipulieren, so dass statt eines Updates schadhafter Code ausgespielt wird. Diese IT-Lieferkette ist verwundbar und Cyber-Kriminelle greifen sie verstärkt an. Denn solche Angriffe sind für sie effizient: Wenn sie Softwarepakete und -plattformen der Anbieter von Software und Informationssystemen angreifen, erreichen sie mehrere Opfer auf einen Schlag. Für den Hacker macht es wenig Sinn, ein Unternehmen nach dem anderen mit einer komplexen Attacke anzugreifen, wenn vielleicht mehrere Zehntausend Unternehmen und Organisationen eine weitverbreitete Applikationen oder Dienste nutzen und sich so effizient in der Reichweite der Unternehmen befinden. Der Angriff auf die Lieferkette von Solarwinds im Dezember 2020 betraf an die 18.000 der 300.000 Solarwinds-Kunden weltweit. Neben einem Massenangriff sind aber genauso gut sehr gezielte Angriffe über die Supply Chain möglich.
Schauplätze einer Supply-Chain-Attacke
Eine kompromittierte Supply Chain ist für die betroffenen Kunden schwierig zu entdecken. Deshalb haben die Cyber-Kriminellen genug Zeit, Schaden anzurichten – wie etwa Datenexfiltration, Angriffe auf Systeme oder das Unterbrechen von Prozessen.
Diese Attacken unterscheiden sich von den bisherigen auf einzelne Kunden zielenden Angriffen und stellen selbst für Experten eine Herausforderung dar. Nicht umsonst schätzt die Agentur der Europäischen Union für Cybersicherheit, ENISA, die Gefahr selbst für solche Unternehmen hoch ein, deren IT-Abwehr an sich recht gut aufgestellt ist.
Ein Angriff kann in mehrere Phasen der Lieferkette für das Entwickeln, Bereitstellen oder Updaten der Software ansetzen. Ein Kompromittieren der Zulieferer-IT stellt dabei noch keine Supply-Chain-Attacke dar. Dazu gehört eine Modifikation der Code-Quellen und das Verfassen von Skripten.
Je nachdem, an welchem Glied der Lieferkette der Hacker ansetzt, um so unterschiedlicher sind die von ihm verlangten Fähigkeiten oder die Möglichkeiten für die Abwehr, eine Manipulation zu erkennen. Folgende Phasen in der Supply Chain lassen sich als Ansatzpunkt für einen Angriff unterscheiden:
- Phase Eins – Programmierung: Diese Angriffe sind relativ einfach zu entdecken. Sie beginnen über gezielte Mails, Exploits und bösartige Webseiten, um Zugang zum Programmiercode zu erlangen. Für einen Hacker ist es zwar relativ einfach, den Code zu diesem Zeitpunkt zu ändern. Aber was sie geändert haben, ist in den Log-Protokollen sichtbar.
- Phase Zwei – Versionierung: Angreifer können mit geringem Aufwand eine Attacke über ein Remote Desktop Protokoll (RDP) fahren. Schwache Passwörter und Exploits einer Applikation helfen ihnen dabei. Modifizierte Versionen in reduziertem oder verzögertem Rahmen ausspielen zu lassen, ist ihnen ebenso möglich, denn sie haben direkten Zugang zu Quellcode und Logs und hinterlassen dabei wenig Spuren. Aber der veränderte Code belegt die Manipulation.
- Phase Drei – Implementierung (Build): Hier wird es für die Hacker, aber leider auch für die Abwehr anspruchsvoller. Die Mittel sind zwar die alten und Angreifer nutzen RDP-Attacken, schwache Passwörter und Exploits in der Applikation. Sie benötigen aber ein gutes Verständnis für Skripte. Denn die notwendigen Modifikationen der einzelnen Builds erfordern viel Zeit und sind komplex. Der veränderte Code lässt sich verbergen. Die Abwehr müsste ebenso die aufeinanderfolgenden Skriptversionen einzeln überprüfen, um Manipulationen zu entdecken.
- Phase Vier – Signieren der Komponenten: Schaltet sich der Angreifer jetzt ein, muss er Code nicht manipulieren. Er ersetzt einfach den eigentlichen Code durch Schadcode. Aber eine Validation im Supply-Chain-Konzept wird dieses falsche Update ablehnen. Hacker müssen daher bei ihren gefälschten Programmen einige Mindestkriterien an legale Updates erfüllen.
- Phase Fünf – Auslieferung: Hier muss ein Angreifer ebenfalls nur die Komponenten austauschen. Aber die bösartigen Komponenten haben dann keine Signatur und lassen sich daran erkennen.
Wie können sich kleine und mittelständische Unternehmen schützen?
Die Angriffe finden zwar in der Supply Chain des Update-Zulieferers statt, aber die Angriffe betreffen auch kleinere und mittlere Unternehmen. Um sich gegen den Schaden eines vermeintlich legalen Updates zu wappnen, sollten sie folgende Maßnahmen befolgen:
1. Eine umfassende Cybersicherheit implementieren, die Endpoint Detection and Response (EDR) beinhaltet, welche aber dank Threat Intelligence zugleich auffällige Datenverbindungen sieht und meldet. Denn ein häufiges Symptom für einen erfolgreichen Supply-Chain-Angriff ist die Kommunikation mit einem bösartigen Command-and-Control-Server. Gerade Unternehmen mit geringen IT-Ressourcen sollten zudem einen Managed-Detection-and-Response-(MDR)-Dienst und damit die Expertise und die Zeit von IT-Sicherheitsanalysten in Anspruch nehmen. Nur durch die Kombination von EDR und MDR sehen die Verantwortlichen auftretende Anomalien.
2. Ebenso wichtig ist Aufklärung der Mitarbeiter über Phishing, um das Kapern einer Identität im Supply-Chain-Prozess zu verhindern.
3. Zentral ist es, die Supply-Chain-Prozesse eines Unternehmens zu kennen und kontinuierlich zu überprüfen. Weiß ein IT-Verantwortlicher überhaupt, welche Software- oder Dienstupdates er wann von wem bezieht? Welche Hardware erwirbt es und wie ist man davor geschützt, hierüber Malware zu erhalten? Jeder Sicherheitsverantwortliche sollte folgende Fragen seinem IT-Zulieferer stellen:
- Ist der Software-/Hardwareentwicklungsprozess des Anbieters dokumentiert, nachvollziehbar und nachprüfbar?
- Ist das Beheben bekannter Schwachstellen in Produktdesign und -architektur, Runtime-Schutz und Code-Überprüfung berücksichtigt?
- Wie hält der Anbieter einen Kunden über neu auftretende Schwachstellen auf dem Laufenden?
- Welche Möglichkeiten hat der Anbieter, „Zero-Day“-Schwachstellen – also die Schwachstellen, die von Beginn an in einer Software angelegt sind und erst später entdeckt werden – zu beheben?
- Wie verwaltet und überwacht der Zulieferer die Produktionsprozesse einer Software und eines Updates?
- Was unternimmt der Anbieter, um seine Updates vor Manipulationen und Malware zu schützen?
- Welche Art von Hintergrundüberprüfung der Mitarbeiter beim Anbieter wird durchgeführt und wie häufig?
- Wie sicher ist das Ausspielen der Updates?
Wer einen Software-Update bekommt, muss sich sicher sein, dass er keine bösartige Malware erhält: Letzten Endes muss er die Folgen einer erfolgreichen Supply-Chain-Attacke selbst ausbaden. Vorsicht und eine wohlüberlegte Auswahl der Zulieferer in Verbindung mit einer umfassenden IT-Sicherheit sind die besten Helfer gegen eine Angriffsart, deren Risikopotenzial noch lange nicht ausgereizt ist.
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